INTERVIEW MIT TOBIAS BURDUKAT

wbh: Wo bist du aktiv, wofür engagierst du dich und trittst du ein?

Ich bin aktiv im Landkreis Leipzig in dem kleinen Städtchen Grimma. Dort war ich bis 31.05. Sozialarbeiter im Projekt „Dorf der Jugend“! Die Entwicklung der Projektkonzeption war das Resultat aus vielen Jahren Engagement im politischen und jugendkulturellen Bereich auf dem Land in Sachsen.

Ich trete ein für eine soziale Arbeit, die mit einer deutlichen menschenrechtsorientierten Haltung an die Aufgaben herangeht, welche uns durch die Gesellschaft aufgetragen werden. Zusätzlich trete ich für die Freiheit und Gleichheit der Menschen ein, antifaschistisches Selbstverständnis und den Wunsch nach einer hierarchiefreien Gesellschaft.

wbh: Was ist existenziell und notwendig für deine und eure Arbeit?

Bis zum 26.05. hätte ich gesagt ein politischer Wille, der die Arbeit will, damit sich Gesellschaft durch Jugend und deren Beteiligung entwickeln kann. Heute sage ich, dass momentan ein solidarisches Miteinander zwischen den Menschen, die an eine freie und gleichberechtigte Welt ohne Nationalstaatlichkeit und Hass glauben, notwendig ist, um Arbeit wie die unsere oder die von vielen anderen Vereinen und Sozialarbeiter*innen zu schützen. Denn die Menschen, die der offenen und freien Gesellschaft entgegenstehen, haben nun eine politische Legitimation und werden alles in ihrer Macht stehende versuchen uns loszuwerden. D. h.: Wir brauchen Rückendeckung von den 70%, die nicht die AfD oder andere rechtskonservative oder nationalistische Vereinigungen gewählt haben. Die brauchen wir jetzt mehr denn je!

wbh: Woran mangelt es?

Bisher hat es immer am Geld und dem Willen zu sozialer Arbeit und vor allem zu Jugendarbeit gefehlt. Woran es zukünftig mangeln wird, weiß ich noch nicht genau. Wahrscheinlich an der Möglichkeit, überhaupt Jugendarbeit im Sinne einer menschenrechtsorientierten sozialen Arbeit durchführen zu können.

wbh: Im Idealzustand: Was wünschst du dir für bessere Grund- und Rahmenbedingungen für deine und eure Arbeit?

Eine Umstrukturierung des Studiums der sozialen Arbeit mit der finalen Verpflichtung zu der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, so ähnlich dem Hippokratischen Eid bei Ärzten. Dann eine flächendeckende und emanzipierte Jugendarbeit im ländlichen und urbanen Raum. Mit dem Bewusstsein der Sozialarbeiter*innen, sich für die jeweilige Generation überflüssig zu machen und die Jugendlichen entsprechend dem Gesetz zu Selbstständigkeit und vielleicht sogar zur Selbstverwaltung zu befähigen.

wbh: Was sind deine Wünsche an die Politiker*innen?

Ich bin in den Jahren meiner Tätigkeit als Sozialarbeiter und Abgeordneter in Kommunalparlamenten (Stadtrat und Kreistag) so oft enttäuscht von Politiker*innen worden, dass ich hier nur noch wenig Wünsche hab. Ich würde mir aber wünschen, dass die Politik endlich mal aufhört, uns Vorschriften zu machen, sondern uns finanziell so ausstattet, dass wir unserem Auftrag nachkommen und unsere Arbeit gut machen können. Vielleicht kommen wir dann auch irgendwann mal an einen Punkt, wo sie uns zu evtl. Konsequenzen für die Gesellschaft befragen, bevor sie irgendwas entscheiden. Es ist ja logisch, wenn Suchtberatungsstellen abgeschafft werden, dass fünf Jahre später die Inobhutnahmen von Kindern aus Familien mit Suchtbackground ansteigen und damit auch die Kosten! Aber die Abschaffung oder die Kürzung spart ja für den jährlichen Haushalt! An die Gesellschaft wird da langfristig nur wenig gedacht.

wbh: Was sind deine Wünsche an die Bürger*innen in deiner Stadt?

Ich weiß, dass in Grimma viele Bürger*innen einen recht klaren Blick auf die unterschiedlichsten Zusammenhänge haben. Dennoch sind die Wahlergebnisse der Europa- und Kommunalwahl krass. Ich wünsche mir deshalb, dass die Bürger sich untereinander mehr streiten und diskutieren, und dem/der AfD-Wähler*in auch mal von Angesicht zu Angesicht reflektiert und gespiegelt wird, was diese Partei für Ziele verfolgt und dass gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit einfach keinen Platz mehr in unserer heutigen Gesellschaft hat. Es gibt so etwas wie ein soziales Korrektiv. Dieses ist jedoch nicht mehr vorhanden, da die Leute real nicht mehr miteinander streiten und diskutieren! Es geht hier nicht um irgendwelche geplanten Diskussionen mit oder von Politiker*innen, nein, es geht um die lautstarke, aber faire Diskussion in der Kneipe. Aber da mangelt es in Grimma schon an der Kneipe!

wbh: Wie kann man Demokratie-Initiativen und Protagonist*innen vor Ort aktiv unterstützen und ihr Engagement stärken?

Indem man sie bei Veranstaltungen unterstützt, ob als Besucher*in oder hinter der Bar. Indem man Soliveranstaltungen macht und den Menschen vor Ort dann das Geld überweißt. Die Möglichkeiten sind vielfältig, einfach die Ini eurer Wahl anquatschen! Kolonialistische Sachen wie: Wir kommen jetzt mal aus der tollen Großstadt und zeigen euch, wie es richtig geht und machen mal feuerwehrmäßig was auf dem Land, sind eher kontraproduktiv!

wbh: Wie fühlt es sich an, in Sachsen Politik aktiv mitzugestalten?

Frustrierend, da es ein Kampf gegen Windmühlen ist und man immer und überall mit Engstirnigkeit, Dummheit und (sorry für diese Formulierung) Hinterwäldler*innen konfrontiert ist.

wbh: Warum ist es wichtig, dass sich jede*r mit Politik beschäftigt und diese aktiv mitgestaltet und wie?

Ich gestalte Politik schon mit, wenn ich aufhöre Fleisch zu essen oder zu Mc Donalds zu gehen oder einfordere, dass der ÖPNV besser gestaltet wird, damit auf das eigene Auto verzichtet werden kann! Die Frage, wo beginnt Gestaltung, ist sehr weit, deshalb ist ein Freiraum für Jugendliche auch schon eine politische Gestaltungsmöglichkeit, denn sie fördert die Kommunikation zwischen Erwachsenen und Jugendlichen und schafft vielleicht gegenseitiges Bewusstsein!

wbh: Wie kann man die Themen Politik, Beschäftigung mit Demokratie und unseren Grundwerten stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit bringen?

Ich möchte behaupten, das bekommst du in die Köpfe, von denen die heute AfD und sonstigen Murx wählen, das nicht mehr hinein. Also ist unsere einzige Möglichkeit, gute Jugendarbeit zu machen, damit sich unsere Gesellschaft langsam aber sicher wandelt!

wbh: Was ist unser Erbe, was ist unsere Zukunft?

Krasse Frage! Unser Erbe ist jahrhundertelanges Morden – erst durch die Kirche, durch Kriege und deren Unterstützung. Zusätzlich die geplante Vernichtung von Bevölkerungsgruppen. Hinzu kommt dann die Zerstörung der Welt durch unsere Ignoranz vor der Ausbeutung der Erde! Unsere drecks Bratwurst, die immer billiger werden muss auf Kosten der Umwelt. Und natürlich ist unser Erbe das kontrollierte Dummhalten der Bevölkerung, was uns nun auf die Füße fällt durch die Arroganz des Menschen. Unsere nahe Zukunft ist hoffentlich die zielstrebige Korrektur dieser vielen Fehler. Schaffen wir das nicht, ist unsere Zukunft wahrscheinlich unser endgültiges Verschwinden, weil wir uns selbst gegenseitig zerstören. Ich hoffe es nicht, sondern glaube daran, dass eine andere Welt möglich ist. Aber diese Möglichkeit wird der Menschheit noch viel abverlangen und Wenige müssen im Sinne aller abgeben. Die Wenigen (damit sind die Menschen in den westlichen Ländern oder 1. und 2. Welt gemeint) werden dies wahrscheinlich aber nicht freiwillig tun! Deshalb sag ich: schauen wir mal 😉

wbh: Was wünschst du dir für ein besseres menschliches Miteinander?

Ich wünsche mir ein besseres menschlicheres Miteinander. Was es dafür braucht, sind die nachwachsenden Generationen und deren Power!

wbh: Was bedeuten für dich Freiheit, Schutz der Menschenwürde und Gleichberechtigung?

Freiheit bedeutet für mich, nicht die Dinge tun zu müssen, die ich nicht will!
Menschenwürde ist für mich ein Ideal, welches wir allen Menschen ermöglichen sollten, wofür es aber noch einiges an Arbeit und Bewusstseinsänderung braucht. Es beginnt bei der Gleichberechtigung aller Menschen auf der Welt. Davon sind wir sehr weit entfernt, denn leider sind manche Menschen gleicher als andere und leider hängt dies mit den wirtschaftlichen Verwerfungen auf unserer Welt zusammen, deshalb gehen diese drei großen Wörter Hand in Hand! Ich habe mehr Freiheit als andere auf dieser Welt, also ist es irgendwie meine Pflicht als Mensch, alles dafür zu tun, dass wir uns einer gleichberechtigten und menschenwürdigen Welt nähern!

wbh: Wie wichtig sind Kunst und Kultur, Bildung, Medienkompetenz, Soziales, Jugendhäuser und psychologische Betreuung für unser Zusammenleben?

Sehr wichtig, denn sie helfen den Menschen, ihre individuelle Persönlichkeit zu entfalten, und lernen durch Medienkompetenz, Kunst und kulturelle Bildung andere dafür zu respektieren, was diese tun oder nicht tun! Soziales und psychologische Betreuung sind Errungenschaften unserer Gesellschaft und sie helfen dabei, dass ALLE Menschen gleichberechtigt behandelt werden und deren Sorgen, Ängste, Bedürfnisse und Fähigkeiten oder Defizite ernst genommen werden und dies hat JEDER Mensch verdient.

Bei Jugendhäusern fragt ihr gerade den falschen Ansprechpartner, denn ich würde sagen, es braucht mehr offene Kinder- und Jugendarbeit, die im Stande ist Jugendliche zu befähigen, Jugendhäuser und Freiräume in Selbstverwaltung zu führen und zu erhalten. Das Jugendhaus als solches ist dafür nicht zwingend notwendig, im Vordergrund sollte der Raum für die Entfaltung und Entwicklung der Jugendlichen stehen und nicht das klassische Jugendhaus! Der selbstverwaltete Freiraum ist wesentlich bedeutender als ein durch Erwachsene kontrollierter Raum im Jugendhaus oder das Jugendhaus im Allgemeinen! Häuser und Räume, die das leisten können, braucht es vielmehr!

wbh: Im Hinblick auf die Landtagswahl im Sep 2019: Was kann jede*r Bürger*in aktiv tun, um dem Rechtsruck mit demokratischen Mitteln entgegenzuwirken?

Sich mit der/dem Nachbar*in streiten und diskutieren und ihm/ihr die Komplexität unserer Welt näher bringen, damit sie verstehen, dass einfache Antworten nicht die Lösung bringen werden, sondern zwangsläufig in irgendwas Schlimmen enden werden!

wbh: Was sind deines Erachtens in Sachsen und Brandenburg die Gründe für den Sieg der AfD bei der Europa- und Kommunalwahl?

Desinteresse, jahrzehntelange Ignoranz, Wegzug von jungen Menschen und für gesamt Ostdeutschland gilt die Verletzungserfahrung durch die „Wende“, die für mich als damals noch zu jungen Menschen aus heutiger Perspektive etwas Kolonialistisches hatte. Dies aufzubrechen wurde versäumt. In Sachsen hat außerdem eine 30 Jahre währende CDU-Regierung ihre Spuren hinterlassen und das frustriert viele Menschen, da sie sich fühlen wie in der DDR und das kommunizieren sie auch! Ich denke aber, sie haben sich nie mit den tatsächlichen Problemen auseinandergesetzt, sonst wüssten sie, dass unsere heutige Situation wenig mit der DDR zu tun hat. Aber vielen wurde ein System übergestülpt und dort irgendwo entspringt diese Wut und dieser Hass auf alles und jeden, der nicht in ihr Muster passt. Das ist nicht wirklich zeitgemäß, aber leider müssen wir uns damit auseinandersetzen.
Auch wurde sich in Sachsen nie dem unterschwelligem Alltagsrassismus und der Unkenntnis über Demokratie gewidmet. Dies hat ja seinen Ursprung in der DDR. Viele haben einfach Demokratie nicht verstanden und auch Politik und den Kapitalismus nicht.
Diese Unwissenheit bereitet den Nährboden für einfache Lösungen und die bietet die AfD nun mal!

wbh: Angenommen, die AfD zieht in Sachsen zur Landtagswahl mit den gleichen Ergebnissen wie nach der Europa- und Kommunalwahl in den Sächsischen Landtag ein, welche Auswirkungen kann das für die Gesellschaft, Politik, Kunst und Kultur, Bildung und Soziales haben?

Keine Ahnung, das wird eine völlig neue Situation werden. Berufsverbote, Einschränkungen für die Individualität des Menschen und alles, was man sich so vorstellen kann. Ich möchte heute noch nicht daran denken!

wbh: Wie kann man Nichtwähler*innen erreichen, damit sie wählen gehen?

Diese Frage kann, glaube ich, so richtig nur ein*e Nichtwähler*in beantworten. Ich gehe wählen, seitdem ich es darf. Wem das aber alles völlig egal ist, den locken wir nicht aus dem Haus, indem wir sagen, es ist wichtig! Sondern er muss ein inneres Bedürfnis verspüren Wählen zu wollen!
Ich würde behaupten, vielen Nichtwähler*innen ist es egal, was die Politik macht und wie unser System ist, sie werden in egal welchem System klar und durchkommen.

wbh: Wie kann man Menschen, die sich benachteiligt und abgehängt fühlen, bspw. Menschen, die nach dem Mauerfall viel verloren haben, Angst um ihre Existenz und vor Überfremdung haben, erreichen und in die Gesellschaft zurückholen?

Gar nicht, die sind zu alt, und wir zu wenige, um mit ihnen Grundsatzfragen zu klären. Wir können die ja alle nicht noch einmal in die Schule schicken. Ich denke, daran etwas zu ändern, ist zu spät.
Hier hätte eine Lohnanpassung vor zehn Jahren, Sicherung der Renten etc. geholfen, aber diese Maßnahmen würden jetzt nicht mehr greifen. Der soziale Konflikt ist aufgebrochen da und Konflikte sind wichtig, um Fragen zu klären. Das wird nicht unbedingt gut ausgehen, aber es wird irgendwie ausgehen und das ist der Sinn von Konflikten. Sie tragen Fragen an die Oberfläche, die unterschwellig jahrelang mitgeschwommen sind. Blicken wir in die Geschichte, macht der überwiegende Teil der Bevölkerung ein und denselben Fehler zum x-ten mal! Sie hören auf Könige, Fürsten, Führer, die im Grunde nur an ihren eigenen Vorteil denken. Scheinbar hat die deutsche Bevölkerung irgendwie dieses Obrigkeitsprinzip verinnerlicht über viele Jahrhunderte. Sie schaffen es einfach nicht, sich selbst zu empowern und Dinge einfach mal selbst als Bevölkerung zu meistern, sondern es wird auf Heilsbringer gewartet und an sie geglaubt! Ob die nun August der Starke, Bismarck, Hitler, Höcke, Gauland, Weidel, von Storch oder Mc Donalds heißen, spielt keine Rolle – einfaches billiges Essen für alle, die zur konstruierten Volksgemeinschaft dazu gehören!

wbh: Warum haben deines Erachtens Menschen Angst vor „dem bösen schwarzen Mann“, vor Migrant*innen und Muslimen?

Keine Ahnung, weil sie ihn nicht kennen und weil das eine lange Historie hat! Christen und Muslime hatten schon immer ihre Konflikte, die häufig blutig waren. Die Kolonialisierung hat hier noch eines drauf gesetzt und ich möchte behaupten, dies steckt unterbewusst in vielen Menschen drin.
Keiner weiß so wirklich, ob es generationenübergreifendes Bewusstsein oder Lernen gibt, aber Fakt ist, ein Kind hat noch keine Vorurteile, sondern bekommt diese durch Elternhaus, Schule und Gesellschaft vermittelt – und solange dies nicht aufhört, wird diese Angst unterschwellig mitschwimmen!

wbh: Meinst du, viele Menschen fühlen sich von Politiker*innen nicht entsprechend ihrer Meinung vertreten und abgeholt? Herrscht eine große Kluft zwischen Politiker*innen und Bürger*innen?

Ja, weil die Themen, die Politik bearbeitet, heute so abstrakt sind, dass es tatsächlich schwer ist, diese zu vermitteln und zu erklären. Zusätzlich beschäftigen sich zu wenige Menschen mit Politik, deshalb existiert ein Unwissen oder Halbwissen und das kursiert, und dann fällt es schwer dort zu vermitteln. Außerdem haben Politiker*innen mehr Wissen über Zusammenhänge und Abläufe innerhalb des Systems und dieses Wissen bündeln sie, da Wissen Macht ist. Soll heißen, die Politiker müssen das Wissen teilen, ansonsten wird diese Kluft immer größer. Als ich Stadtrat und Kreisrat war, konnte ich Leuten viele Dinge ganz anders erklären. Das konnte ich nur, weil ich Teil der Gremien war. Dies machen aber viel zu wenige Politiker*innen und dadurch entsteht diese Kluft, die viele frustriert!

wbh: In den sozialen Medien war zu lesen, dass man weniger auf die „Bedürfnisse“ der besorgten und Wutbürger*innen eingehen soll, sondern eher auf die unserer Jugend. Wie siehst du das?

Das sehe ich genauso, denn die Chance die „besorgten“ abzuholen und sie umzustimmen, sind vertan! Da ist nix mehr zu holen, das ist vorbei! Die sind besorgt und wütend und werden es bleiben. Das ist aber deren Problem und ein bisschen leid tun sie mir auch, denn scheinbar haben sie nie ein glückliches und schönes Leben gehabt. Deshalb sollte der Fokus tatsächlich bei der Jugend liegen, denn sie bestimmen unsere Gesellschaft, wenn wir alt und nicht mehr so aktiv sind. Ich möchte dann gerne in einer freien und offenen Gesellschaft leben! Dies kann nur die Jugend ermöglichen!

wbh: Wie wichtig sind Zivilgesellschaft und Zivilcourage?

Der Begriff Zivilgesellschaft ist mir mittlerweile nicht mehr so ganz klar, denn dieser würde ja bedeuten, es gibt noch eine andere Gesellschaft, und zur Gesellschaft gehören eigentlich ja irgendwie alle, auch die besorgten und wütenden oder hassenden Menschen! Mir ist Gesellschaft wichtig, und wenn mir die existente Gesellschaft und deren Kontext nicht mehr passt oder ich nicht mehr weiß, was ich beitragen kann, damit Gesellschaft offen und gleichberechtigt ist, würde ich gerne aussteigen und mich tatsächlich in einer Parallelgesellschaft wohler fühlen. Gerade wenn man wie ich in der DIY Punk Hardcoreszene zu Hause ist, gibt es da ja ausreichend Möglichkeiten! Die würde ich dann auch gern nutzen und sagen, die Gesellschaft kann mich mal. Bis es aber soweit ist, können wir mit Zivilcourage viel erreichen. Wir können für benachteiligte Menschen kämpfen, wir können für die Freiheit aller kämpfen, denn solange es Menschen gibt, die unfrei und ungleich sind, sind wir auch nicht frei und gleich! Deshalb braucht es Zivilcourage, die für die Werte unseres Grundgesetzes und der Menschenrechte einsteht und dafür kämpft!

wbh: Wie können wir unsere Demokratie schützen und stärken?

Durch Zivilcourage und indem wir unsere Kraft in die Jugendlichen stecken, die sich in zehn Jahren mit den Konsequenzen unserer heutigen gesellschaftlichen Fails auseinandersetzen müssen. Denen gehört unsere Aufmerksamkeit und so können wir auch Demokratie und damit verbundene Werte schützen. Den IST-Zustand ändern wir nicht und der ist auch nicht schützenswert, zumindest für mich!

wbh: Was verbindest du mit: Wir sind mehr!

Ein Interview, das ich der taz dazu gegeben habe und in dessen Folge eine Menge Stress und Ärger auf mich eingeprasselt sind, obwohl ich nur den IST-Zustand reflektiert und gesagt habe, das wir auf dem Land in Sachsen eben NICHT mehr sind!
Wozu ich stehe und was ich immer wieder so sagen würde. Ja, der ländliche Raum um Grimma und in Gesamt-Sachsen hat ein Problem mit Nazi- und nationalistischen und menschenfeindlichen Einstellungen, das zeigen die Wahlergebnisse. Wer mich dafür hasst, soll das gern tun, aber es ist nun mal die Realität. Ich träume davon, dass wir (damit meine ich antifaschistische Menschen) hier im ländlichen Raum Sachsens irgendwann tatsächlich mehr sind!

wbh: Was bedeutet für dich: Wir bleiben hier!

Diese Frage möchte ich ungern beantworten, denn ich bin schon lange hier und habe mir den Arsch aufgerissen für eine Stadt und eine Region, und der Dank dafür ist Ablehnung und Hate gegenüber meiner Person. Ich weiß tatsächlich nicht, ob ich mir das mein ganzes restliches Leben auch noch antun möchte, dafür ist in den letzten acht Monaten zu viel passiert, was mich emotional sehr verletzt hat!

(Credit Foto: Martin Neuhof/Herzkampf)

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